Verkürztes Zungenband – “Freie Zunge – Freies Sprechen”

Sehr geehrte Eltern und Erziehungsberechtigte,

wir möchten Sie über das Thema Zungenband (Frenulum linguae) und dessen Bedeutung in der Logopädie informieren. Ein verkürztes Zungenband, auch Ankyloglossie genannt, kann verschiedene Auswirkungen auf die Sprechentwicklung, das Schlucken, die Atmung und die Mundmotorik haben.

Was ist das Zungenband?

Das Zungenband ist ein dünner Gewebestreifen aus kollagenen Fasern, der die Unterseite der Zunge mit dem Mundboden verbindet. Bei einigen Menschen ist dieses Band verkürzt, was die Beweglichkeit der Zunge einschränken kann.

Ein zu kurzes Zungenband (Ankyloglossie) kann eine Reihe von Problemen verursachen, die sich auf verschiedene Bereiche des Lebens auswirken , insbesondere auf die Sprechentwicklung, die Ernährung und die allgemeine Mundgesundheit. Hier sind einige der häufigsten Probleme, die durch ein zu kurzes Zungenband auftreten können:

1. Probleme während des Spracherwerbs

  • Artikulationsstörungen: Schwierigkeiten bei der Aussprache bestimmter Laute, insbesondere der Laute „L“, „R“, „T“, „D“, „N“, “S” und „Z“.
  • Verzögerungen in der Sprechentwicklung: Die eingeschränkte Zungenbeweglichkeit kann die Sprechentwicklung insgesamt verlangsamen.
  • undeutlichess Sprechen: Die eingeschränkte Fähigkeit, Laute klar und deutlich zu artikulieren, kann zu unverständlicher Sprache führen.

2. Ernährungsprobleme

  • Stillprobleme: Säuglinge mit einem verkürzten Zungenband haben oft Schwierigkeiten, die Brust richtig zu erfassen und effektiv zu saugen, was zu unzureichender Nahrungsaufnahme und Gewichtsabnahme führen kann.
  • Probleme beim Flaschenfüttern: Ähnliche Schwierigkeiten können auch beim Füttern mit der Flasche auftreten.
  • Schluckprobleme: Kinder und Erwachsene können Schwierigkeiten beim Schlucken von Nahrung und Flüssigkeiten haben und ein fehlerhaftes Schluckmuster entwickeln. 

3. Zahn- und Mundgesundheit

  • Zahnfehlstellungen: Ein verkürztes Zungenband kann das natürliche Schädel-Kieferwachstum und die Ausrichtung der Zähne beeinflussen und zu Zahnfehlstellungen führen.
  • Eingeschränkte Mundhygiene: Die eingeschränkte Beweglichkeit der Zunge kann die Fähigkeit beeinträchtigen, Nahrungsreste aus den Zähnen zu entfernen, was das Risiko für Karies und Zahnfleischerkrankungen erhöht.
  • Mundatmung: Schwierigkeiten bei der Nasenatmung können zu Mundatmung führen, was wiederum das Risiko für Zahn- und Zahnfleischprobleme erhöhen kann. 

4. Soziale und psychologische Auswirkungen

  • Selbstbewusstsein: Schwierigkeiten bei der Aussprache und beim Sprechen können das Selbstbewusstsein eines Kindes beeinträchtigen und zu sozialen Ängsten führen.
  • Soziale Interaktionen: Kommunikationsprobleme können soziale Interaktionen und die Fähigkeit, Freundschaften zu schließen und aufrechtzuerhalten, beeinflussen.

5. Probleme bei Erwachsenen

  • Sprachprobleme: Auch Erwachsene können anhaltende Sprachprobleme haben, die ihre beruflichen und sozialen Interaktionen beeinträchtigen.
  • Schlafprobleme: Ein zu kurzes Zungenband kann in einigen Fällen mit Schlafapnoe in Verbindung gebracht werden, da es die Position der Zunge während des Schlafs beeinflussen kann.

Behandlungsmöglichkeiten

Die Behandlung eines verkürzten Zungenbandes findet primär durch einen chirurgischen Eingriff (Frenulotomie oder Frenuloplastik) statt. Die kollagenen Fasern des Zungenbandes sind nicht dehnbar. Lediglich die Zungen- und Mundbodenmuskulatur wird postoperativ mithilfe logopädischer Übungen behandelt. 

Es ist wichtig, frühzeitig eine fachliche Einschätzung und Behandlung aufzusuchen, um die bestmögliche Unterstützung und Intervention zu gewährleisten.

Was können Sie als Eltern tun?

  • Unterstützen Sie die Therapie: Üben Sie postoperativ regelmäßig die empfohlenen Übungen zu Hause und unterstützen Sie Ihr Kind bei der Umsetzung.

Übungen zur Förderung der Zungenbeweglichkeit postoperativ:

  • Anbahnung der Nasenatmung
  • Schluckübungen: Um das Schluckmuster zu normalisieren, wird mit verschiedenen Konsistenzen geübt  
  • Dehnungsübungen: Spezielle Übungen, die die Beweglichkeit der Zunge verbessern, werden regelmäßig durchgeführt.
  • Koordinationsübungen: Diese helfen, die Zungenkoordination zu verbessern und die intraorale Wahrnehmung und korrekte Artikulation zu fördern.
  • Kräftigungsübungen: Übungen zur Kräftigung der Zungenmuskulatur können die Funktionalität der Zunge verbessern.
  • Mundmotorische Übungen: Koordinations- und Kräftigungsübungen für die Zunge sowie Mundspiele (Saugen und Blasen)
  • Artikulationsübungen: Logopäden arbeiten gezielt an Lauten und Lautverbindungen, die durch das verkürzte Zungenband beeinträchtigt werden könnten. 

Ab wie vielen Jahren und unter welchen Voraussetzungen ist eine logopädische Behandlung eines verkürzten Zungenbandes sinnvoll?

Eine gezielte Therapie kann postoperativ bei Kindern ab 3 Jahren stattfinden. In diesem Alter wird die logopädische Therapie oft spezifischer und konzentriert sich auf die Verbesserung der Sprach- und Sprechfähigkeiten sowie der Mundmotorik. Bereits bei Säuglingen kann eine Durchtrennung des Zungenbandes jedoch sinnvoll sein, um Stillprobleme vorzubeugen.